Dienstag, 27. Januar 2015

Basar-ökonomisches Denken und industriewirtschaftliche Realität

oder


Kreditgeld wird meist nur fast verstanden


Ernst Dorfner

Michael schreibt von einer „unheimlichen Stille“, die auf der newmoney-Liste derzeit herrscht. Aber, so die Frage: Ist nicht schon alles -- mehrfach -- gesagt? Und nichts verstanden? Nicht verstanden, weil nur fast verstanden. Denn: Entweder ist etwas ganz verstanden, oder gar nicht.

Beispiel gefällig?

In „Vision eines regionalen Aufbruchs“, herausgegeben vom Katholischen Sozialwerk, stellen die Verfasser Günter Hoffmann, Heiko Kastner, Dieter Petschow, Joachim Sikora die Frage „Woher kommt das Geld“ und geben darauf folgende Antwort: „Wer diese einfache Frage stellt, betritt den Bereich der Magie. Geld wird buchstäblich aus dem Nichts geschaffen. ....... Jeder Dollar , jeder Euro und jede andere in Umlauf befindliche nationale Währung hat als Bankdarlehen begonnen. Wenn Sie beispielsweise zum Kauf eines Hauses eine Hypothek über € 100.000.- erhalten, so überweist Ihre Bank diesen Kredit auf ihr Konto, und schafft diese hundertausend Euro buchstäblich aus dem Nichts. Dieses Geld zirkuliert so lange, bis eines Tages jemand das Darlehen zurückbezahlt. Dann verschwindet das Geld, kehrt wieder in Nichts zurück, aus dem es geschaffen wurde. (Seite 34/35).
Das ist fast richtig, aber eben nur "fast" -- und darum ist das zur Gänze nicht verstanden,

Die letzten beiden Sätze stammen nahezu wortwörtlich aus Bernard A.Lietaer, „Das Geld der Zukunft“: Dort heißt es: „ ...; und so zirkuliert das Geld so lange, bis eines Tages jemand ein Darlehen zurückzahlt. Dann verschwindet das Geld wieder ......“ (S. 127)

Dieser Fehler zeigt uns, dass die Verfasser der „Vision“ auch nur einen ersten Blick auf das Thema „Kreditgeld“ geworfen, aber nicht weiter nachgedacht haben. So mancher täte es sich wohl wünschen, dass eines Tages das Darlehen, das er aufgenommen hat, von jemandem zurückbezahlt wird. Aber wer ist schon so dumm? Und darf dabei nicht einmal allgemeines Lob erwarten , lässt er doch mit seiner Tat noch dazu das Geld verschwinden. Vernichtet dieses!

Aber auch Lietaer streift das Thema des Kreditgeldes nur. Auch in seinem Buch hört das Thema schon wieder auf, ehe es noch so recht angedacht wurde. Die Zusammenhänge zwischen dem Kreditgeld und der Struktur unserer Wirtschaft sind für ihn kein Thema. So bleibt auch für ihn Kreditgeld in einer Tauschwirtschaft angesiedelt, in der es sich bei genauerem Hinschauen rasch als Fremdkörper zeigen würde. Und will umgekehrt ein Tauschgeld in eine Kredit- und Investitionswirtschaft als Komplementärgeld einpflanzen.
Ein grundsätzlicher Irrtum. Das Warum hierfür sehe ich dabei in dem von Keynes apostrophierten Schwierigkeiten, die im Loskommen von den alten Gedanken - hier dem so genannten „Geldkreislauf“ - liegen. Die Neoklassik holt allzu viele immer wieder ein. So heißt es etwa in einem Paper:

“Wir müssen die Betrachtungsweise erweitern. Güter sind nicht einfach vorhanden, sondern müssen produziert werden. Geld ist Voraussetzung, dass Güter produziert werden. Wirtschaft ist ein Investitionsprozess. Zuerst muss produziert, dann erst kann verkauft werden. Um zu produzieren, muss Geld verfügbar sein und ausgegeben werden (Bezahlung von Arbeit, Anschaffung von Betriebs- und Produktionsmittel, Bezahlung von .... Steuern usw.) Dann wird produziert und erst danach verkauft. Wenn aber nur soviel Geld zurückflösse als investiert wird, können gerade mal die Produktionskosten (Geldvorschuss) abgedeckt werden. Um einen Gewinn realisieren zu können, muss inzwischen weiteres Geld in die Wirtschaft eingeschossen worden sein. Daher verlangt der Wirtschaftsprozess als Investitionsprozess immer die Erweiterung der Geldmenge.“
Ja, bis hierher richtig. Fast.
Ich gehe hier vom Wort „zurückflösse“ aus, und versuche diese Ausführungen näher zu erklären: In der Tat ist es ja so, dass Geld zurück fließt – im Sinne von rückwärts fließen (<<<) nicht aber im Sinne von hin- (>>>) und zurück (<<<) fließen . Wenn Verkauf und Lieferung der Produkte, die aktuell gerade vom Unternehmen A hergestellt werden, später nach Fertigstellung an B ( oder die Bs) erfolgt, so fließt das Geld, das sich A über einen Kredit beschafft hat, schon vorher an Z (oder die Zs), der (die) A Vorprodukte und Arbeit gegen Geld liefert(n). Die Produkte fließen also vorwärts zu B, das Geld fließt zurück zu Z. So wie das Geld aus dem Kredit des B erst später zu A zurückfließt.

In diesem „vorher" und „später", der Zeitdifferenz, begründet sich aber erst der Kredit und die Kreditwirtschaft. Nicht aber die Tauschwirtschaft.

Nun heißt es weiter im Paper:
„Um auf den Kreditvorgang noch einmal zu sprechen zu kommen: Der Kredit schafft neues Geld. Die Bank gibt A Bargeld oder bucht Geld auf dessen Konto. A kauft und zahlt an B, und B an C. Geld ist im Umlauf.“

Wenn hier nun von A zu B zu C vorwärts bedeutet, dann kommt man mit obigen Überlegungen, dass zuerst produziert, und dann erst verkauft werden kann, in einer hierarchisch aufgestellten Arbeitsteilung (von der Rohstoffgewinnung bis hin zur Einzelhandel) in Widerspruch. Damit das Geld so laufen könnte, müssten die damit eingetauschten Produkte bei B und C schon vorhanden sein.
Tatsächlich aber läuft das Geld nicht immer weiter vorwärts um. Es ist nie zu B geflossen. Es läuft jetzt vielmehr von A zu Z. Und später aus einem neuen Kredit an B zu A (zurück), der damit eine weitere Produktion aufnimmt, oder aber damit seine Kreditschulden zurückzahlt.[i]
Das ist die Beobachtung dessen, was vor unseren Augen abläuft, keine Theorie. Die Theorie, die Voraussagen auf zukünftige Beobachtungsergebnisse ermöglichen soll, baut erst auf diesen Beobachtungen auf.
Da nun aber die neue Produktion mit einem höheren Geldaufwand, einem gleichbleibenden, oder aber auch mit einem geringeren Geldaufwand durchgeführt werden kann, gibt es eine zusätzliche Netto-Kredit-Aufnahme, oder eine Null, oder aber auch eine Netto-Kredit-Rückzahlung. Das aber heißt, dass die Wieder-Investition des zurückgeflossenen Geldes keinem Automatismus folgt, sondern diese eine offene Neu-Entscheidung des Unternehmens darstellt. Generalisiert heißt das: Wir schließen gedanklich das alte Geschäft mit der Tilgung des alten Brutto-Kredites mittels dem zurückgeflossenen Geld ab (Geld wird vernichtet) und beginnen ein neues Geschäft mit einem neuen Brutto-Kredit (Geld wird geschöpft), dessen Höhe dann nur indirekt von der Höhe der zurück geflossenen Geldmenge abhängig ist.
Wenn somit die neuen Investitionen niedriger als die vorher getätigten sind, dann legen Unternehmen Geld nichts still, horten es nicht, sondern.reduzieren einfach die Kredite, die aufgenommen werden.
Damit sollte aber auch klar werden, dass eine Umlaufsicherung des Geldes bei den Unternehmen ins Leere geht. Was nicht vorhanden ist, kann weder schnell noch langsam umlaufen.
Deutlich wird nun aber auch deutlich, dass sich mit der Vorstellung eines Geldumlaufes das Wesen von Lohnarbeit und von Lohneinkommen nur schwer verbinden lässt. Hier wird ja immer darauf gewartet, das eigene Produkt gegen Geld tauschen zu können, mit dem dann selbst weiter etwas unternommen wird. Das kommt dem nahe, was wir heute unter den Ich-AGs verstehen. Vorfinanzierung von vertraglich gesicherter Lohnarbeit kommt somit dort, wo der Tausch am Anfang steht, nur als gedankliches Implantat vor.
Dagegen ist dort, wo die Sache mit der Produktion begonnen wird, Vorfinanzierung und damit Lohnarbeit integraler Bestandteil. Und damit wird auch klar, dass die Menge der Lohnarbeit nicht von der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes abhängt, sondern von der Höhe der getätigten Vorfinanzierung. Das aber ist eine Entscheidung der Unternehmen, wie aus obiger Generalisierung deutlich wird.
Verkürzt gesagt: Nur in der Produktion gibt es Arbeitsplätze, nicht aber beim Tausch. Die Vorstellung eines Geldumlaufes entspringt aus einer Basar-Ökonomie, entspricht aber nicht einer Industrie-Ökonomie. Die Unterschiede zwischen beiden werden bei einem Besuch in den Suks von Fez real erlebbar. Wie dort etwa Leder vorindustriell gegerbt wird, wie dort die Handwerker ihre Drechselbänke antreiben.
In der obigen strukturierten Gegen-Darstellung treten die Konturen deutlich hervor: Es gibt jeden Moment in Summe nur das Geld, das die Investoren in diesem Moment selbst schaffen. Im zitierten Paper bleibt dagegen alles wolkig: „Woher hat die Bank das Geld? Geld wird ans Publikum ausgegeben (Kredit, Zinszahlungen an Kunden), Geld fließt zurück (Ersparnisse bei der Bank, Zinsen für Kredite). Das ist ein ewiges Gehen und Kommen, ...“ Geld ist hier wiederum einfach „da“, so wie das Wasser im Aquarium der Goldfische.
Die Vorstellung eines Geldumlaufes von A zu B zu C zu ..... X zu Y zu Z zu A, das ewige Gehen und Kommen als eine Art Überereignis, ist Schimäre . Auch dort, wo die Haushalte mit ins Spiel kommen. Auch dort laufen die aus der Vorfinanzierung bezahlten Lohneinkommen (auf Umwegen) nicht um, sondern zurück zu den Produzenten und Händlern der Konsumgütern, die bereits vorher erzeugt worden sind. Auch sie tilgen ihre Kredite und vernichten damit Geld. Und entscheiden mit ihrer Neuverschuldung mit über die Höhe der Geldmenge und des Volkseinkommens.
Und es gibt auch keinen umgekehrten Geldumlauf von A zu Z zu Y zu X zu .... zu B zu A . Da Z vor dem A produzieren muss, und Y vor dem Z, und X vor dem Y, kommt jeder nur über einen Kredit zu Geld, und nicht aus dem Umlauf. Letzteres ist unmöglich.
Also braucht es eine Vorfinanzierung.
Und wo es Vorfinanzierung gibt, muss es auch "Rück"-Finanzierung, also Schuldentilgung, geben. Diese Rückfinanzierung muss nun aber in dem Medium erfolgen, die im Schuldvertrag, im Kreditvertrag, vereinbart wurde. Aktuell also in Euro, und nicht etwa in Regio.
Grundsätzlich gilt für den Taxos das genau so. Der Taxos versucht diese Schwierigkeit nun aber dadurch zu meistern, dass der Staat bzw. die Gemeinde ihre Steuer- und Abgabenforderungen in Taxos akzeptiert, womit in der Bilanz der Unternehmen Taxos-Verbindlichkeiten den Taxos-Forderungen gegenüberstehen können. Diese Taxos-Forderungen können die Unternehmen wiederum durch Lieferung an den Staat (die Gemeinde) erwerben. Ein in sich geschlossener Verechnungs-Kreislauf vom Staat (Gemeinde) zurück zum Staat (Gemeinde) wird so hergestellt.
Leider sind diese Einsicht offensichtlich schwer zu vermitteln. Die Mehrheit der "Geldreformer " sind Bastler, die sich in technokratischen und abwicklungsmäßigen Details verstricken, dabei an gängige Mythen hängen, die Beobachtung der realen Zusammenhänge und die Lehren daraus jedoch kategorisch ablehnen. Sie verstehen alles nur "fast".
So aber landen die Geldrefomer genau so auf Spielwiesen wie die Umweltschützer, die sich für den Schutz der Gelbbauchunken stark machen, aber die Frage, warum denn unsere Wirtschaft ständig auf Kosten von Natur und Umwelt wachsen muss, außen vor zu lassen.
Ernst Dorfner, 24,05.06
** siehe dazu auch meinen Beitrag: “Geld und seine Disziplinierungskraft”






[i] Wobei hier nur am Rande angemerkt sein soll, dass schon der Ausdruck „fließen“ überholte Assoziationen hervorruft.

1 Kommentar:

Clinton hat gesagt…

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